Zu Gast bei Bruder Spielwaren in Fürth

Zu Gast bei Bruder Spielwaren in Fürth

Alleinstellungsmerkmale und eine möglichst breite, im Idealfall kaufkräftige Zielgruppe. Das ist es, wonach Unternehmen streben. Betrachtet man den fränkischen Mittelständler Bruder Spielwaren, so hat dieser gerade im Bereich der Kundschaft nahezu ideale Bedingungen. Denn diese wächst im wahrsten Sinne des Wortes nach. Neben dem spielenden Kind hat sich eine weitere Kundschaft herausgebildet: die Funktionsmodellbauer. Grund genug also, sich am Bruder-Firmensitz in Fürth einmal umzusehen.

Die Bernbacher Straße in der fränkischen 120.000-Einwohner-Stadt Fürth ist recht idyllisch am Stadtrand gelegen. Hier, in der Metropolregion Nürnberg, herrschen für Spielwarenhersteller jeglicher Couleur fast schon traditionell hervorragende Bedingungen. Die Simba-Dickie-Group, viertgrößter Spielzeughersteller in Deutschland und (Vertriebs-)Heimat von hierzulande einschlägig bekannten Marken wie Carson Modelsport oder Tamiya, hat in Fürth ihren Sitz. Playmobil ist im benachbarten Zirndorf ansässig. Und dann wäre da besagte Bernbacher Straße. Spätestens, wenn man an der für einen Kreisverkehr ziemlich ovalen Verkehrsinsel zwischen Breiter Steig, Külsheimstraße und eben Bernbacher Straße ankommt merkt man, das Bruder nicht mehr weit ist. Denn das verkehrsplanerische Element wird von mannsgroßen bworld-Figuren und Baumaschinen bevölkert. Big Bruder lässt grüßen.

Family-Business

Hinter den Fabriktoren erwartet den Besucher dann aber kein orwellscher Großkonzern. Trotz etwa 80 Millionen Euro Umsatz und einem Exportanteil von an die 70 Prozent hat sich das 1926 von Paul Bruder als Ein-Mann-Betrieb gegründete Unternehmen seine regionalen Verwurzelung und das angenehm unaufgeregte Klima eines funktionierenden Familienbetriebs bewahrt. Heinz Bruder, Sohn des Firmengründers und heutiger Seniorchef, sowie dessen ­Gattin Elfriede sind die gute Seele des global aufgestellten Betriebs mit 450 Mitarbeitern alleine in Fürth. Dazu kommen noch einmal zirka 100 Angestellte im Werk in Tschechien. Paul Heinz Bruder verantwortet seit 1998 als Hauptgeschäftsführer die Geschicke des Unternehmens, seine Schwester Beate Caso leitet mit Bruder Toys America die US-Dependance, die etwa 10 Prozent zum Gesamtumsatz beisteuert.

Bodenständig und im besten Sinne konservativ. So könnte man die Eindrücke beschreiben, die sich immer stärker aufdrängen, je länger man sich vor Ort ein Bild von Bruder Spielwaren macht. Jenseits von schnelllebigen (Mode-)Trends hat man sein Geschäftsfeld gefunden. „Kinder zwischen 3 und 7 Jahren sind unsere Kernzielgruppe”, erklärt Geschäftsführer Paul Heinz Bruder. „Der Wettbewerb von Tablet & Co. ist zwar da, aber dennoch wächst unser Produkt-Absatz.” Etwa 250 Modelle hat man aktuell im Sortiment, das sich natürlich vor allem an den Bedürfnissen der jungen Fan-Gemeinde orientiert. Traktoren gehen immer, dazu kommen diverse Fahrzeuge, die die kleinen Kunden im Alltag zu Gesicht bekommen. Hierzulande eher europäische Gespanne, in den USA läuft der aktuelle Mack-Truck erwartungsgemäß besonders gut.

Balanceakt

Und die Modellbauer? Die sind, da nimmt man bei Bruder kein Blatt vor den Mund, eher ein gern gesehenes Zusatzgeschäft. Zu klar sind die Schwerpunkte auf die eigentliche Kernklientel ausgerichtet. Und müssen das auch sein. Denn während es für Funktionsmodellbauer nicht filigran und vorbildgetreue genug sein kann, sind einem Spielwarenproduzenten wie Bruder hier natürlich Grenzen gesetzt. „Für uns ist es entscheidend, die Balance zwischen Stabilität auf der einen sowie Filigranität auf der anderen Seite zu bewahren, um auf dem Spielwarenmarkt erfolgreich sein zu können”, bringt es Paul Heinz Bruder auf den Punkt. Man könnte auch sagen, dass die Melange aus Vorbildtreue und den notwendigen Sicherheitsstandards für Kinderspielzeug zu einer Art gefühlten Realität führt.

Nichtsdestotrotz weiß man natürlich auch bei Bruder, dass heutzutage eben auch schon im Kinderzimmer Funktionalität gefragt ist. „Fahrzeuge mit Effekten laufen besonders gut”, sagt Geschäftsführer Bruder mit Blick auf das seit einiger Zeit zum Einsatz kommende Light & Sound Modul. „Aber jede Elektronik muss für uns Sinn machen und zu einem überschaubaren Preis umsetzbar sein.” Diese grundsätzliche Überlegung ist es auch, die das Unternehmen Bruder anstellt, wenn es um die Frage eines eigenen funkferngesteuerten Sortiments geht. Schließlich haben Unternehmen wie die Sieper GmbH mit den Marken Siku & Wiking oder auch Lego entsprechende Versuche unternommen, aus dem bisherigen Kerngeschäft auszubrechen und neue Geschäftsfelder zu erschließen. Aber hier, so ist sich Paul Heinz Bruder sicher, sind der Anspruch an ein qualitativ hochwertiges Produkt mit der Preisklasse, die die Kunden für Bruder Spielwaren akzeptieren, nicht in Einklang zu bringen. Schließlich steht bei Bruder stets das spielende Kind im Mittelpunkt. Nicht der spielende Erwachsene. Aber solange das Kind im Manne im Bruder-Sortiment die passenden Produkte für Funktionsmodellbau-Anwendungen findet ist ja allen gedient. Win-win-Situation eben. Und besser geht’s ja eigentlich nicht.