Süddeutsches SchMANkerl – MAN TGA Vierachs-Kipper von ScaleArt
Nutzlaststarke Baufahrzeuge sind beliebt, gerade wenn es um die Verbringung von größeren Mengen Sand, Kies oder Bodenaushub geht. Die Ära der Kiesbomber, Zwei- oder Dreiachser mit angekuppeltem Kipphänger, ist vorbei. Zu unbeweglich auf engen Baustellen und zu umständlich bei der Be- und Entladung sind sie heute zum großen Teil durch moderne nutzlaststarke Vierachser ersetzt.
Nach und nach vervollständigen die Pfälzer von ScaleART ihren Fahrzeugpark und bieten nun passend zum überaus gelungenen M-Fahrerhaus des MAN TGA eine Rundmulde zum Kippen an. Dieses in der realen Baustellenwelt häufig vertretene Gefährt basiert auf einem langen Vierachs-Fahrgestell und wird in der Regel in den Achskombinationen 8×4 und 8×6, seltener als 8×8 betrieben.
Unter Maßgabe der Straßenverkehrsordnung (StVO) darf ein solches Solofahrzeug bis zu 35 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht auf die Waage bringen. Auf Wunsch ist eine Auflastung auf 41 Tonnen technisches Gesamtgewicht möglich, was aber nur abseits öffentlicher Straßen ausgenutzt werden kann. Auf die Möglichkeit, einen Anhänger zu ziehen, wird in aller Regel konsequenterweise verzichtet – die mögliche Nutzlaststeigerung fällt aufgrund des maximal erlaubten Zuggewichts von 40 Tonnen auf öffentlichen Straßen zu gering aus.
Die Halbrund-Mulde ist nach Plänen des bekannten Herstellers Meiller entstanden und fasst im Original 18 Kubikmeter bei bis zu 35 Tonnen Nutzlast. Die auch als Halfpipe bekannte Mulde wird normalerweise zum Transport von Sand, Kies und Bodenaushub, aber auch für Stein- und Felsbrocken eingesetzt und ist aus hochfestem und besonders zähem Stahl gefertigt.
Adel verpflichtet
Entprechend des Anspruchs von ScaleART kommen die Einzelteile sauber auf Zellkautschuk-Tabletts arrangiert und in der bekannten Birkensperrholzkiste verpackt. Der optische Eindruck ist natürlich unschlagbar und da das Auge ja bekanntlich mitbaut, freut man sich regelrecht auf den Baubeginn. Als nützlicher Nebeneffekt schützt diese Verpackung natürlich vor Beschädigungen beim Transport, was gerade bei den lackierten Teilen für Fahrerhaus und Kotflügel doppelt ärgerlich wäre.
Der Kunde hat die Wahl zwischen den Farben Weiß, Rot, Orange und Blau mit jeweils silberner Rundmulde sowie der edlen blaumetallic-farbenen Ausführung, wie sie hier vorgestellt wird. Wer keine der Farben leiden mag, bestellt das Modell unlackiert und spart ein paar Euro oder gegen einen vertretbaren Aufpreis gleich in seiner Wunschfarbe. Allen Ausführungen gemeinsam ist, dass der TGA in der Standardausführung als reines Standmodell ohne Antrieb und Elektrik ausgeliefert wird. Je nach Anspruch können dann die Antriebskomponenten, die Kipphydraulik und die Elektrik mit Licht und Sound als Pakete gleich oder später dazugeordert werden. Im Prinzip folgt der Aufbau dem bekannten Vorgehen, wie es bereits beim Schwerlast-TGA (TRUCKS & Details 1/2003) und bei dem über Graupner vertriebenen MAN Dreiseitenkipper (TRUCKS & Details 4/2006) beschrieben wurde.
Im Rahmen bleiben
Der bekannte lange Vierachs-Rahmen wurde überarbeitet und mit zusätzlichen Bohrungen unter anderem zur Aufnahme des seitlichen Unterfahrschutzes versehen. Ganz getreu dem Original verläuft der verstärkende Hilfsrahmen aus gekantetem Messingblech auf dem Hauptrahmenträger und nimmt am Heck die massive Lagerung der Kippmulde auf. Rahmenlängsträger und Quertraversen sowie Anbauteile und natürlich der Hilfsrahmen werden ausschließlich verschraubt, wozu Sechskant-Schrauben in den homöopathischen Größen M1,6 und M2 mit passenden Sechskant-Muttern zum Einsatz kommen. Abgesehen von der genussvollen Steigerung des Vergnügens und der Vorfreude, erhält man ganz nebenbei auch einen stabilen und sehr realistisch aussehenden Fahrzeugrahmen.
Apropos realistisch: Man sollte sich schon zu diesem Bauschritt bereits langsam entscheiden, ob man die herrliche rohe Oberfläche der Metallteile behalten will oder den Rahmen mit seinen Anbauteilen lieber lackiert zum Einsatz bringen möchte. Schön ist sicherlich beides, der Natur näher kommt die Sache mit etwas Farbe. Im vorliegenden Fall wurde der Rahmen nach Montage der Radaufhängungen leicht gestrahlt und dann schwarz lackiert.
Getreu den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung liegt dem Bausatz für jede Seite ein filigraner Unterfahrschutz bei, der aus Messing und Aluminium gefertigt den imaginären Fußgängern und Radfahrern im Maßstab 1:14,5 einen besseren Unfallschutz bieten soll. Während er links den Batteriekasten mit den darunter montierten Luftkesseln umkleidet, hält er auf der rechten Seite seine schützende Hand vor den Dieseltank. Der Kunststofftank ist ebenfalls ein alter Bekannter, innen komplett hohl und wäre somit zur Aufnahme notwendiger Elektronik geradezu prädestiniert, wenn er nicht bei einem späteren Umbau zum Funktionsmodell seinen Platz für den Hydrauliktank räumen müsste.
Schön, weil naturgetreu ist die Tankbefestigung mittels unten liegender U-Träger und Spannbänder, die auch in der Funktion dem Original nahe kommen, wenngleich die filigranen Stellschrauben und Überwurfbügel aus dem Zweiachser nicht mehr in der Form verwendet werden. Auf der linken Seite findet der Batteriekasten mit den darunter montierten Druckluftkesseln seinen Platz. Der Batteriekasten ist im Standard ebenfalls noch leer und könnte weitere Elektronik oder zwei nachgebildete Starterbatterien aufnehmen. Dazu wäre der Deckel beweglich zu montieren und auf das in der Anleitung vorgeschlagene Verkleben der Hälften zu verzichten.
Wenn’s eng wird
Da bei so vielen Achsen auf relativ kompaktem Radstand der Platz schnell eng wird, findet der Auspufftopf bei den Vierachsern im Modell wie auch im Original auf der rechten Seite seinen Platz. Hier kann man sich in Eigenregie noch weiter mit der Abgasführung beschäftigen und dem Original annähern. In jedem Fall muss der Auspuff ohne das Endrohr montiert werden, da dieses sonst wirklichkeitsfremd gegen die Fahrtrichtung steht.
Das hochwertige und vorbildgetreue Kunststoff-Fahrerhaus der mittellangen Baustellenausführung ist bereits vom Graupner-Dreiseiten-Kipper bekannt und gewohnt sauber gefertigt sowie lackiert. Entgegen früheren Serien des Fahrerhauses passten die Türen ohne Nacharbeiten der filigranen Scharniere in ihre Aufnahmen und lassen sich leicht öffnen und, gesichert durch einen kleinen Magneten, geschlossen halten.
Das Fahrerhaus ist in einer funktionalen Kipphalterung vorne am Rahmen gelagert und lässt sich so nicht nur problemlos und leichtgängig kippen, sondern auch für Wartungszwecke einfach abnehmen. Fest am Rahmen verbleiben hingegen die hinteren Kotflügelhälften und die Stoßstangen mit den großen Klarglasscheinwerfern, die für eine spätere Beleuchtung schon vorbereitet sind. Die massive Ausführung verdaut sicherlich so manche Rempelei, wenngleich die edle Lackoberfläche darunter leiden dürfte. Aber das gleiche Problem hat ja auch der Eigner eines echten TGA mit den lackierten Stoßstangen. Unter dem Stoßfänger sitzt der Unterfahrschutz aus Edelstahl, der für den Schutz der Servos für Lenkung und Schaltung sorgt, sofern man später auf RC umbaut.
Immer wieder überzeugen die feinen Details, wie zum Beispiel die in Metall ausgearbeiteten Logos, die vor der Montage noch schwarz lackiert werden müssen. Nach dem Trocknen schleift man mit feinem Schmiergelleinen die Farbe wieder von den erhabenen Konturen ab, sodass nur noch in den Vertiefungen Lack haftet. Dadurch sieht es aus, als ob die Buchstaben aus einzelnen Lettern bestehen oder der MAN-Löwe in seinem Rahmen schwebt. Netter Trick mit überzeugender Optik.
Klare Sicht
Die Seiten- und Heckscheiben werden mit klarem Zweikomponenten-Kleber eingesetzt. Auch hier ist weniger mehr, wenn man unschöne Klebstoffränder vermeiden möchte. Das Finish erhalten die Fenster durch zum Schluss befestigte schwarze Aufkleber, die den Randbereich abdecken. Auf keinen Fall sollte man zur Montage Sekundenkleber einsetzen, da der zum Ausblühen der Scheiben führen kann (und wird). Die Frontscheibe wird hingegen nur eingesetzt und oben durch eine Metallschiene sowie unten durch das Armaturenbrett fixiert und an die Rundung des Fahrerhauses angepresst.
Die beiliegenden Aufkleber für die Typenkennzeichnung, die in der Anleitung fälschlicherweise als Nassschiebebilder deklariert werden, sollten tunlichst trocken abgezogen und aufgetragen werden. Einzig ein Tropfen lauwarmes Spüliwasser an der späteren Montagestelle ist erlaubt und vereinfacht das Verschieben des Abziehbilds zum leichteren Ausrichten.
Fahrwerksmathematik
Rein mathematisch betrachtet ergibt sich aus 8×4 eine eindeutige Lösung, nämlich 32. Fahrwerkstechnisch betrachtet bezeichnet die Radformel 8×4, dass von insgesamt acht Rädern genau vier angetrieben werden. Beim großen Vorbild wird ein Fahrzeug dieser Konstellation für den Straßen- und den leichten Geländeeinsatz gewählt und genau diese Prämisse sollte man dem Modell auch zugestehen. Die angetriebenen Hinterachsen sowie die einzelbereiften Vorderachsen sind mit weichen Hohlkammer-Gummireifen mit Straßenprofil bestückt, die auf edle Alufelgen aufgezogen werden. Die Verbindung der Felgen mit den Radnaben erfolgt mittels je zwölf M1,6-Sechskant-Schrauben, die an der Vorderachse mit Mutternschutzringen abgedeckt werden.
Die pendelnd ausgeführte Hinterachsaufhängung erlaubt einen relativ weiten Verschränkungsbereich, wobei die Reifen jedoch schon recht früh an die Kunststoffkotflügel stoßen. Die Vorderachsen sind für sich einzeln an Blattfedern aufgehängt und begrenzen alleine dadurch sicherlich schon einen allzu forschen Tatendrang im Gelände. Für das Standmodell natürlich nur eine rein theoretische Betrachtung wert, zumal die mitgelieferten Achsen reine Attrappen aus Kunststoff sind, die dem optischen Eindruck jedoch keinen Abbruch tun.
Die hinteren Federträger, die die Pendelachse aufnehmen, besitzen zwei Bohrungen im Abstand von 5 Millimeter übereinander. Für die normale Ausführung benutzt man sinnvollerweise die oberen und erhält so die passende Bodenfreiheit zusammen mit den mitgelieferten Vorderachsen. Die unteren Bohrungen erlauben es, das Chassis um einige Millimeter höher zu legen, was bei einer optional möglichen Umrüstung auf Allradantrieb notwendig wird. Dadurch erst wird ausreichend Platz unter Motor und Getriebe für den Vorderachsantrieb geschaffen. Da die Umrüstung zwar technisch leicht machbar ist, jedoch einige Teile ausgetauscht werden müssen, sollte man sich am besten vor Kauf des Baukastens seiner Sache sicher sein und gleich die notwendigen Optionen ordern. So lässt sich in jedem Fall der eine oder andere Euro sparen.
Apropos Geländeeinsatz: Selbstverständlich sind auf Wunsch statt der Straßenbereifung auch grobstollige M&S-Reifen mit passendem Profil lieferbar. Für die Allradversionen 8×6 oder 8×8 in jedem Fall Pflicht.
Halbe Pfeife
Die schwere Halfpipe-Mulde ist weitgehend vormontiert und wie das Fahrerhaus fertig lackiert. Bei der Montage der separat gelieferten Heckklappe lohnt sich eine vorsichtige und schrittweise Anpassung. Um nämlich später ein leichtgängiges Öffnen und Schließen der Bordwandklappe zu erreichen, müssen sich die Ohren der Klappe sauber in den Scharnieren der Mulde drehen können. Sollte hier bei der ersten Anprobe etwas nicht richtig passen, so biegt man am besten nicht etwa die Ohren der Bordwandklappe nach, sondern rückt kräftig mit etwas Schmackes aus der Schulter die beiden Seitenwände der Kippmulde in ihre neue Lage.
Entgegen dem Meiller-Original, das eine mittig angebrachte Scherenführung zur Stabilisierung der aufgerichteten Mulde aufweist, wird die Halfpipe beim Kippen nur über das solide hintere Kipplager geführt. Hier ist genaues Arbeiten angesagt: Man muss die Kipplager im Hilfsrahmen zu den Lagern an der Mulde exakt ausrichten, dass die Welle sauber geführt wird und nicht verkantet. Die lackierten Kipplager an der Mulde sind vorsichtig so weit aufzureiben, dass die Welle bequem Platz findet und sich noch dreht.
Den Aushubweg besorgt am vorderen Ende ein separat zu erwerbender Hydraulikstempel, der von der aus dem Dreiseiten-Kipper bereits bekannten Tank-Pumpen-Kombination befüllt wird. Befindet sich die Mulde in der unteren Entstellung wird sie im vorderen Drittel zusätzlich durch zwei seitlich um den Hilfsrahmen greifende Winkel an Ort und Stelle gehalten. Mit Sicherheit keine unwichtige Vorsichtsmaßnahme, kann doch beladen einiges an Gewicht zusammenkommen, das in Kurven oder beim Schrägfahren gefährlich zur Seite drücken würde.
Von Feder und Bogen
Beim Absenken der Mulde werden übrigens gleichzeitig die durch eine Feder vorgespannten Fanghaken arretiert, die die Heckklappe auch bei Fahrten bergan geschlossen halten. Zumindest im Testmodell war die Vorspannung der Feder jedoch so stark, dass die verbindende Gewindestange einem gespannten Flitzebogen glich. Durch vorsichtiges Aufdehnen der Feder konnte eine Menge der überreichlichen Spannung herausgenommen werden. Abhilfe könnte auch schaffen, wenn man ein passend abgelängtes Stück Messingrohr mit 2 Millimeter Innendurchmesser zur Verstärkung aufschieben würde. Im Hilfsrahmen finden sich darüber hinaus die Aufnahmen für zwei Mikroschalter, die in den Endstellungen die Abschaltung der Hydraulikpumpe übernehmen.
Beim Standmodell besorgt das Abkippen die bewährte Handhydraulik, eine Arretierung zum Feststellen der Mulde in gekippter Stellung wäre sicherlich noch ein Wort wert. Am vorderen Ende wird der Reserveradhalter mit dem Ersatzrad und auf der Fahrerseite die zweiteilige Leiter zum Muldenrand montiert, deren eine Hälfte sich zum Aufsteigen nach unten klappen lässt.
Geiz ist uncool
Nein, über den Preis des Vierachser-TGAs werde ich diesmal kein Wort verlieren. Wer auf der Baustelle einen MAN fahren möchte, tut dies auch nicht, weil er Geiz toll findet. Hier bekommt der, der es sucht, ein optisch und technisch herausragendes Fahrzeug ohne Wenn und Aber. Sei es für die Vitrine im Büro des Fuhrparkchefs oder als Ausgangsbasis für ein RC-Modell, um den Abraum, den die hauseigene Laderaupe heranschafft, wieder abzufahren. Die Kombination edler Materialien mit den passenden Proportionen eines maßstabsgetreuen Nachbaus sorgt für ein stimmiges Gesamtbild, das man auch ohne Nachmessen gefühlsmäßig erfasst und als gelungen empfindet. Und wer sich den Bau nicht selbst zutraut, der kann auf die Fähigkeiten der Mannen um Bernd Brand vertrauen, dass sie ihm sein Wunschmodell auch ohne eigene schmutzige Finger erbauen: eben ganz wie in echt.