Bau-Arbeiter – Iveco Trakker mit Wechselrahmen

Schon lange hatte ich vor einen Lkw in 1:12 zu bauen. Ein Dreiachser mit Dreiseitenmulde sollte es sein, der Baustellen-Lkw schlechthin. Kompakt und gut im Gelände – außerdem als Zugfahrzeug für einen Tieflader geeignet, um einen Bagger zu transportieren. Rundherum ideal also für einen Einsatz auf der Mini-Baustelle in Alsfeld. Als erster Arbeitsschritt stand die Konstruktion des Fahrzeugrahmens aus Edelstahl an. Um hier passgenau zu arbeiten, bestellte ich mir vorab die ersten 1:12er-Antriebselemente von MTS Bönning. Gebraucht wurden zwei angetriebene Hinterachsen mit Achssperre sowie eine angetriebene Vorderachse. Diese ebenfalls mit Sperre ausgerüstet, um im Gelände keine Probleme zu bekommen. Hinzu kamen die Pendelachsaufhängung und die vordere Federung. Damit ausgerüstet, und anhand einiger weiterer Skizzen, konnte ich mich daran machen, den Rahmen im CAD-Programm am Computer zu konstruieren. Die Einzelteile laserte ich anschließend aus 1,5 Millimeter (mm) dicken Blech aus. Diese wurden gekantet und mit Modellbauschrauben versehen – das solide Grundgerüst stand also. Was nun noch fehlte waren Felgen. Anhand einer Musterfelge erstellte ich mir eine Zeichnung, die mir als Grundlage für die Arbeit an der CNC-Drehmaschine diente. Die passenden Geländereifen fand ich ebenfalls im Sortiment von MTS Bönning. Nun stand der Lkw auf seinen Rädern. Fahrerhaus Was fehlte, war das Wichtigste: das Fahrer­haus. Das 1:12er-Angebot der gängigen Modellbauhändler war überschaubar und entsprach nicht meinen Vorstellungen. Also war Eigenregie gefragt. Die entscheidenden Kriterien: Das Fahrerhaus sollte ein aktuelles Vorbild haben und trotzdem einfach zu bauen sein. Durch Zufall bot mir ein Modellbaufreund einige gute Skizzen des Iveco Trakkers an. Daraus ließe sich doch was machen, dachte ich mir. In der nahegelegenen Iveco-Vertretung erwarb ich zusätzlich ein 1:43er-Modell des Trakkers. Von diesem konnte ich weitere Maße und Details abnehmen. Als Baumaterial entschied ich mich für ABS, welches sich gut von Hand bearbei­ten lässt und das ich in unterschiedlichen Dicken bei AFV-Model bestellte. Die Skizze des Originalfahrzeugs wurde anschließend in doppelter Ausführung im Maßstab 1:12 ausgedruckt und sollte als Schneideschablone dienen. Geschnitten wurden die einzelnen Elemente dann mit einer elek­trischen Dekupiersäge. Das Grundgerüst des Fahrerhauses besteht aus fünf Einzelteilen: den beiden Seiten, Front, Heck und Dach. Die Ecken wurden mit Winkeln verstärkt und verklebt. Damit stand so etwas wie ein Fahrerhaus vor mir. Um allerdings alle Details wie Sicken, Streben und Vertiefungen darzustellen, wurden weitere Platten und Leisten aufgeklebt. Durch Feilen, Fräsen und Spachteln brachte ich das Ganze in seine endgültige Form. Verklebte, gelaserte Aluteile dienen zur Versteifung und zur Aufnahme auf dem Rahmen. Die Kotflügel wurden aus 100-mm-Abflußrohr herausgearbeitet und angepasst. Die Stoßstange fräste ich aus Hart-PVC und fertigte dabei gleich die Außenkonturen und die Lampenaufnahmen an. Rundungen und Ausfräsungen wurden mit Dremel und Flex von Hand ausgeführt, da keine CNC-Fräse zur Verfügung stand. Teile der Scheinwerfer sind von einem Tamiya-Mercedes entnommen. So montiert, sah das Ganze schon nach Lkw aus. Antrieb Was wäre ein Baustellenlaster ohne einen kräftigen Antrieb? Er sollte in der Lage sein, den Tieflader mitsamt einem Bagger zu ziehen. Ein Schaltgetriebe war also Pflicht. Ebenso ein zuschaltbarer Allradantrieb. Das Ganze sollte allerdings auch nicht allzu groß werden. Nach einigem Probieren kam ich dann zur jetzigen Lösung. Den Hauptantrieb bezog ich beim Getriebedoktor und besteht aus einem Akkuschrauberantrieb mit zwei Gängen. Als Stromquelle dient ein 3s-LiPo. Per Kardangelenk wird die Kraft auf einen schaltbaren Verteiler von Veroma geleitet, der diese 1:1 auf die beiden Hinterachsen, bedarfsweise auch auf die Vorderachse, überträgt. Zwischen den Getrieben sowie den Achsen wurden Kardans mit Längenausgleich verbaut, die Verwindungen im Gelände ausgleichen. Als Lenkservo kam ein Graupner-Digitalservo zum Einsatz, das seitlich am Rahmen befestigt wurde. Insgesamt vier Microservos von Hitec sind zum Schalten der Getriebe und den Sperren der Achsen verbaut. Vorbildgetreues Kippen Der Kippaufbau bereitete mir anfangs Kopfzerbrechen. Ich wollte die Mulde der neuen Meiller M-Jet-Bauform nachempfinden. Allerdings war auf keinem Bauhof ein passendes Vorbild zu finden. Durch Zufall sah ich auf dem Weg zur Arbeit bei der örtlichen MAN-Vertretung einen gebrauchten TGA-Dreiachser. Nach kurzer Klärung meines Vorhabens durfte ich den Aufbau mit dem Zollstock vermessen und konnte einige Skizzen und Bilder erstellen, die sich als sehr nützlich erwiesen. Nachdem ich mit dem Modell mittlerweile auch beim schon bekannten Iveco-Händler aufschlug, bekam ich noch eine Skizze von dem Meiller-Kipper direkt. Nun konnte ich mich an die CAD-Konstruktion des Aufbaus machen. Als Material wählte ich hauptsächlich dünnwandiges Edelstahlblech. Die Verstrebungen im Muldenboden wurden aus Stahlrohr gesägt, auf der Fräse geplant und gebohrt sowie anschließend im WIG-Verfahren geschweißt. Somit entstand ein solides Grundgerüst. Der Aufbau besteht insgesamt aus weit über 60 Einzelteilen. Auf Klebeverbindungen habe ich an dieser Stelle verzichtet, da der Aufbau später noch pulverbeschichtet werden sollte. Um vorbildgetreu nach drei Seiten ­kippen zu können, wurde ein entsprechender Hilfsrahmen konstruiert. Dieser ist mit M2-Sechskantschrauben und Halteplättchen auf dem Fahrzeugrahmen befestigt. Durch Umstecken der Bolzen ist es möglich, die Kipprichtung manuell vorzuwählen. Diese Funktion per Fernsteuerung über eine Mechanik anzusteuern hielt ich für über­flüssig, da ohnehin meistens nur nach hinten gekippt wird. Die Kippfunktion an sich sollte zuerst mit einem Leimbach-Teleskop-Hydraulikzylinder ausgeführt werden. Nach einigen Tests flog diese Kombination allerdings wieder raus. Dem Zylinder fehlte es an Hublänge. Auch war das Gewicht der Kippbrücke durch die Verwendung von Stahl auf stattliche 4.000 Gramm angewachsen. Also kam eine Gewindespindellösung zur Anwendung. Eine M8-Trapezgewindespindel, angetrieben von einem Getriebemotor von Conrad, ist nun für die Hubbewegung zuständig. Durch die kardanische Aufhängung an der Mulde kann trotz dieser einfachen Bauart nach allen Seiten gekippt werden. Wechselrahmen Auf dem Parcours der IG Bergisches Land sollte der rohbaufertige Lkw einem ersten Belastungstest unterzogen werden. Solo erklomm er beladen wie unbeladen sämtliche Baustraßen. Der Härtetest war natürlich der Einsatz als Zugfahrzeug. Ich montierte eine provisorische Anhängerkupplung und hängte den Tieflader beladen mit meinem Volvo Bagger an. Auf gerader Strecke fuhr die Kombi in beiden Gängen tadellos. Um allerdings die zugegeben für 1:16er ausgelegte, enge Serpentinenstrecke zu erklimmen, musste trotz Allrad Balastgewicht in Form von Pflastersteinen in der Mulde plaziert werden. Eine Fahrt auf die Waage zeigte anschließend ein stattliches Gewicht von über 50 Kilogramm. Während der Suche nach einem Tandemanhänger brachte mich ein Modellbaukollege auf die Idee, einen Wechselrahmen zu benutzen. Somit sollte es möglich sein, vom Kippaufbau auf den Sattelrahmen zu wechseln. Mit neuen Halteplatten am Hauptrahmen kann der Rahmen nun von hinten aufgeschoben und mit zwei ­Schrauben gesichert werden. Nun galt es, sich um den ­Sattelanhänger Gedanken zu machen. Er sollte auf jeden Fall eine eckige Mulde bekommen. Außerdem sprach die Ausführung der Zugmaschine für einen Zweiachser. Ich begab mich im Internet auf Bildersuche und wurde wiederum bei Meiller fündig. Einziges Manko: es war sofort klar, dass es keine maßstabsgetreuen Breitreifen für den favorisierten Sattelanhänger gibt. Diese mussten als Maßanfertigung bei Modellreifen.de bestellt werden. Qualität und Optik waren absolut überzeugend. Nun konnte es daran gehen, den Anhänger im CAD-Programm zu zeichnen. Der Rahmen sollte aus Edelstahl, die Mulde aus Aluminium gefertigt werden. Letzteres, um Gewicht einzusparen. Wichtig waren mir vorbildgetreue Achsen mit Luftfederbälgen. Entsprechende Bauteile gibt es im Sortiment von Veroma Modellbau. Sie besitzen eine ausreichende Federwirkung bei her­vorragender Optik. Passende Alufelgen gab es für die Breitreifen natürlich nicht. Also begab ich mich mit einem Stück Alu an die Drehbank und erstellte eine Musterfelge. Als diese an den Reifen angepasst war, konnte eine Zeichnung erstellt werden. Ein Arbeitskollege fertigte uns dann die Felgen auf einer CNC-Drehmaschine. Schöne und günstige Radnaben nahm ich aus dem Sortiment von Guido Seitz. Die Räder sind über Edelstahlschrauben mit den Naben verbunden. Gut gelasert Der Rahmen ist dem Vorbild nachempfunden. Die Bleche sind entsprechend gelasert, gekantet und anschließend verschweißt, der Rahmen perlgestrahlt. Die Mulde wurde ebenfalls aus Aluminium gelasert und gekantet. Die Seitenwände wurden mit dünnen Schlitzen versehen, um die feine Rippenoptik des Originals zu erreichen. Sie wurden mit dem Grundkörper punktgeschweißt. Als die Mulde auf dem Rahmen montiert war, wurde mit einer M8-Trapezgewindespindel die Kippvorrichtung realisiert. Diese bewegt eine speziell entwickelte Kinematik, welche die Mulde in gut 20 Sekunden nach oben drückt. Während der Bauzeit rückte die Mini-Bau­stelle in Alsfeld immer näher. Mit einem unlackierten Lkw dort aufzuschlagen, kam für mich nicht in Frage. Ich demontierte die Mulde und brachte sie zum Pulver­beschichten. Der Iveco wurde von mir soweit wie nötig zerlegt und mit Zwei­komponenten-Fahrzeuglack eingefärbt. Pünktlich zur Mini-Baustelle war der Dreiachser dann fertig – der Trakker erlebte seine Jungfernfahrt, die zur vollen Zufriedenheit ausfiel.