Eurokombi – MAN-TGX 26.680

Als sich mir die Möglichkeit bot, ein MAN-TGX-Fahrerhaus von ScaleART zu bekommen, schlug ich zu. Mir war sofort klar, was daraus entstehen sollte: Ein MAN TGX-XXL 26.680 als Gigaliner, in Fachkreisen auch Eurokombi genannt. Aber was braucht man alles, um so ein Fahrzeug zu realisieren? Zuerst wollte ich mir für die einzelnen Komponenten die technischen Zeichnungen der Originale besorgen. So nahm ich Kontakt mit MAN in München und für Auflieger und Dolly mit der Firma Krone in Werlte auf. Fahrgestell Nun konnte es endlich losgehen. Ich entschied mich mit dem Dreiachs-Fahrgestell zu beginnen, welches ich in Eigenregie bauen wollte. Die passen­den U-Profile fand ich bei Fechtner, die Quertraversen bei BaMaTech, die Schwerlastabschlusstraverse bei Oswald Modellbau und die benötigten Schrauben bezog ich von der Firma ­Knupfer. Bei allem legte ich größten Wert auf Originalität. Als Vorderachse dient ein Druck­guss-Fabrikat aus dem Hause WEDICO. Allerdings konnte mich die mitgelieferte Spurstange nicht überzeugen, sodass ich sie durch eine 2 Millimeter starke Ge­windestange ersetzt habe. Damit diese optisch etwas besser aussieht, habe ich sie durch ein passend zugeschnittenes Messingrohr geführt. An den beiden Enden brachte ich Kugelkopfgelenke an und verschraubte die Stange anschließend mit dem Achsschenkel der Vorderachse. Vorderachsfedern und Böcke sind auch von Oswald Modellbau. Diese zeigen sich praktisch und optisch einwandfrei. Den Antrieb bildet ein Dreigang-Getriebe der Firma Veroma. Dieses war dank der kompakten Einbaumaße hervorragend geeignet für mein Projekt. Vor dem Einbau ins Fahrgestell mussten lediglich Querlenker und Luftfederbalge (beide von ScaleART) an die Rüst-Antriebsachse montiert werden. Um ein zuverlässiges Vorwärtskommen zu gewährleisten, entschied ich mich noch für den Einbau einer passgenau gefertigten Kardanwelle von BaMaTech. Diese besitzt einen Längenausgleich, womit der Antrieb auch dann erhalten bleibt, wenn das Fahrzeug mal zu tief einfedert. Montage Da nun alle Teile für das Fahrgestell vorhanden waren, konnte ich mit dem Bau des Dreiachsers beginnen. Es wurde Maß genommen und die U-Profilstangen auf die passende Länge von 630 Millimeter gekürzt. Nach diversen Bohrungen wurden die Profile mit den Quertraversen mit 2-Millimeter-Schrauben verbunden. Gut war, dass sich auf den letzten Seiten der Einbauanleitung des ScaleART-Fahrerhauses eine Schablone befand. Hier waren alle Bohrungen für den Kippmechanismus eingezeichnet, was die Befestigung von Vorder- und Hinterachse deutlich erleichterte. Die Schablonen mussten vorher ausgeschnitten und mit einem Klebestift auf den U-Profilen fixiert werden. Nun war das genaue Bohren keine Schwierigkeit mehr. Nun war es an der Zeit, sich Gedanken über die Schleppachse und die Aufnahme der Lenk- und Schaltservos zu machen. Hier entschied ich mich für Produkte der Firma robbe, mit denen ich bereits gute Erfahrungen gemacht habe. Ein starkes Servo für die Lenkung und zwei kompaktere für das Schaltgetriebe und die Schleppachse am Motorwagen. Die Halterung für Lenk- und Schaltservo ist aus einer 3-Millimeter-Edelstahlplatte gefertigt. Die passenden Öffnungen wurden hinein gelasert und anschließend mit vier Modellbauschrauben á 3 Millimeter an das Fahrgestell der Vorderachse montiert. Da das Schleppachsen-Servo gut in eine Traversenhalterung von BaMaTech hineinpasste, gab es anschließend keine Probleme bei der Verankerung. Dolly und Achsen Die Zeichnungen vom Dolly waren zwar hilfreich, aber ich hatte einige Probleme, die vielen benötigten Teile herzustellen. Da ich nicht über eine Drehbank oder Fräse verfüge, setzte ich mich mit der Firma BaMaTech in Verbindung, die mich gut unterstützte. So verfügt der Dolly über eine Teleskop-Deichsel, die je nach Gebrauch in der Länge verschiebbar ist. Sehr wichtig war mir, dass das Chassis originalgetreu mit einem Doppel-T-Rahmen umgesetzt wurde. Die Rahmenbreite des Dollys beträgt nun 80 Millimeter. Die Sattelplatte ist ein Produkt von ScaleART, die dem Original der Firma Jost sehr nahe kommt. Und die passenden Kotflügel konnte ich bei Wendscher Modellbau ordern. Zu guter Letzt fand ich bei Tokle die richtige Zugöse. Aufbauten und Auflieger Nach einigen Überlegungen, ob ich die Aufbauten für Zugfahrzeug und Auflieger selber anfertigten sollte, gab mir MM Modellbau den Tipp, doch die Aufbauten von ­Tamiya/Carson zu nutzen. So bestellte ich kurzerhand zwei Baukästen. Aus dem einen wurde der Aufbau für das Zugfahrzeug verwendet, aus dem anderen zusätzlich der komplette Rahmen für den Auflieger (beziehungsweise in meinem Fall den Anhänger). Da Tamiya/Carson und ScaleART zwei unterschiedliche Maßstäbe verwenden, half mir MM Modellbau dabei, die Teile passend zu machen. Der Aufbau und der Rahmen des Auf­­liegers blieben in der Länge von 980 Millimeter. Die Länge des Aufbaus des Zugfahrzeugs beträgt 500 Millimeter. Unter dem Aufbau des Zugfahrzeugs kam jeweils links und rechts noch ein Trägerrahmen mit 450×20×3 Millimeter (Länge × Höhe × Breite). Das Material der Längsträger ist Aluminium. Diese beiden Rahmen wurden mit einem Breitenabstand von 60 Millimeter auf der Aufbauunterseite verschraubt, sodass sie anschließend bündig auf das Fahrgestell mit zwölf zusätzlichen Halterungen verschraubt werden konnte. Der Aufbau des Aufliegers ließ sich an den von Carson vorgegebenen Verbindungsstellen befestigen. Abschließend wurden alle Teile zur Kunststoffbeschichtung weggegeben. Dolly und der Rahmen des Aufliegers erhielten ein Verkehrsrot (RAL 3020), die Aufbauten ein Enzianblau (RAL 5010). Die Kotflügel des Dolly sowie Zugöse und Anhängerkupplung wurden in Schwarz-Seidenmatt beschichtet. Mit weißer Pulverbeschichtung bedachte ich die Heckstoßstange und den Unterfahrschutz des Aufliegers. Der Vorteil bei diesem Verfahren ist, dass die Farbe auch unter extremer Belastung nicht abplatzt. Gefedert werden Dolly und Auflieger durch Luftfederattrappen von ScaleART. Diese Federbälge kommen dem Original sehr nahe. Das Innenleben der Federbälge verfügt über eine in der Härte verstellbare Feder. Dadurch sieht das Eintauchen der Luftfederung im Fahrbetrieb täuschend echt aus. Die Federbälge mussten dann nur noch an den passenden Achsen verschraubt und am Rahmen von Dolly und Auflieger angebracht werden. Die gesamten Achsen und Achshalterungen für Dolly und Auflieger wurden nach meinen Zeichnungen bei der Firma BaMaTech gefertigt. Licht und Sound Auch in Sachen Licht und Sound sollte mein Gigaliner etwas hermachen. So verfügt dieser nicht nur über die üblichen Lichtfunktionen wie Blinker-, Stand-, Abblend- und Fernlicht. Auch an eine Nebelschlussleuchte, Warnblinkanlage sowie Kurvenfahrtlicht hatte ich gedacht. Was aber noch fehlte war ein beleuchtetes Firmenschild am Fahrerhaus und Standlichtringe, die so genannten Angel-Eyes. Letztere fand ich bei MM Modellbau. Von dort kommt auch das Soundmodul. Dieses verfügt über das An- und Auslassgeräusch des Motors, Rückfahrwarnsignal und eine wirklich klasse Hupe. Das beleuchtete Firmenschild habe ich aus 2-Millimeter-Polystyrol gefertigt. Rückwand und Seitenteile wurden auf das Material aufgezeichnet und anschließend mit einem Cutter ausgeschnitten. Mit Sekundenkleber habe ich die Teile verbunden und nach dem Verschleifen ein 1,5 Millimeter großes Loch zur Kabeldurchführung in die Rückwand des Firmenschilds gebohrt. Aus Aluminium-Streifen mit einer Breite von 2 Millimeter fertigte ich die Halterungen des Firmenschilds. Für die Beleuchtung griff ich auf sechs 12-Volt-LED von Conrad zurück. Diese habe ich mit einem Klebestreifen fixiert und untereinander verbunden. Die Beleuchtungsscheibe besteht aus 3 Millimeter dickem, blauem Acrylglas. Abschließend habe ich das Firmenschild lackiert und mit 1,2-Millimeter-Schrauben am Fahrerhaus-Dach befestigt. Auch auf einen Lampenbügel unter der Stoßstange wollte ich nicht verzichten. Diese wurde aus einem 6 Millimeter-Alurohr gefertigt, mit einem Biegegerät passend gebogen und per Hand auf Hochglanz poliert. Für die sieben Positionslampen habe ich Löcher mit einer Größe von je 2 Millimeter in das Aluminium gebohrt. Der Anschluss erfolgte über die Beleuchtungsplatine von MM Modellbau. Zur Abrundung des Gigaliners durften natürlich Seitenbegrenzungsleuchten nicht fehlen. Insgesamt wurden 26 Stück verbaut. Leider fand ich nicht die passenden Leuchten im Fachhandel, aber auch hier konnte mir die Firma BaMaTech mit einer Maßanfertigung helfen. Als passende Gläser erwiesen sich übrigens die Blinker des MAN TGA/TGX von ScaleART. Innenausstattung Blieb noch die Innenausstattung übrig. Hier wollte ich das Konzept der Firma Motis umsetzen, die Systemlösungen für Fernverkehr-Fahrerhäuser entwickelt. Kühlschrank, Mikrowelle, Kochnische sowie Waschbecken und Toilette mussten also an Bord sein. Dies alles ist in je zwei Modulen hinter den Sitzen im Fahrerhaus untergebracht. Obenauf liegt das Bett, welches bei Gebrauch heruntergelassen werden kann. Gefertigt wurden Module und Grundplatte für mein Fahrerhaus aus 2 Millimeter dickem Polystyrol. Ich zeichnete die Formen auf und schnitt sie mit einer Dekupiersäge aus. Nach dem Verleimen der einzelnen Elemente wurde alles angeschliffen, mit silbergrauer Strukturfarbe lackiert und anschließend erst einmal gründlich durchgetrocknet. Nun konnte ich Schubladen, Wasserhahn und Innenraumbeleuchtung an den Modulen verbauen, außerdem platzierte ich noch einen kleinen Laptop im Fahrerhaus. Die originalen Sitze wurden gegen ein Paar von Wendscher-Modellbau ausgetauscht. Die letzte Arbeit mit Polystyrol war das Anfertigen der DanBoxen, das sind Staukästen an der Seitenwand des Zugfahrzeugs. Die Materialstärke beträgt hier 3 Millimeter. Alle Seitenwände der vier Boxen wurden wieder auf das Polystyrol aufgezeichnet und dann mit einer Kreissäge ausgesägt. Nach dem Verkleben mit Sekundenkleber und dem Lackieren in Enzianblau (RAL 5010) verbaute ich die Boxen auf jeweils vier L-Profil-Winkeln an das Fahrgestell. Für die Griffe mit Schloss benutzte ich fotogeätzte Teile von FineLine-Modellbau. Mein neuer Truck XXL Als alle Teile fertig und lackiert waren, konnte ich die Elektronik in den Gigaliner einbauen. Diese fand auf den Ladeflächen von Zugfahrzeug und Trailer ihren Platz. Um keine Kabel mehr zu sehen, wurden aus Holz noch je eine weitere Ladefläche für Zugfahrzeug und Trailer angefertigt. Andys Ladegut machte mir zwei Transportkisten auf Maß, wo alle Elektronik-Komponenten wie Fahrtregler, Soundmodul und auch die Akkus darunter verschwinden konnten. Nachdem jetzt alles zusammen gebaut war, startete ich die erste Probefahrt. Ich muss sagen, der Truck macht schon allein von der Länge was her. Einen letzten Feinschliff gab’s am Kühlergrill des TGX. Dieser würde durch eine gefräste und polierte Aluplatte ersetzt, auf das MAN Logo habe ich absichtlich verzichtet. Das Projekt MAN TGX Gigaliner machte mir sehr viel Freude, es war ein Erlebnis zu sehen wie das Auto langsam wächst, auch wenn hier und da Rückschläge zu verbuchen waren. Doch von diesen sollte man sich beim Modellbau ja bekanntlich nicht abhalten lassen.