Schlepper-Kolonne – „Flugzeug-Träger“ in 1:10

Jeder, der schon einmal per Flugzeug verreist ist, kennt die kleinen Helfer, die auf dem Rollfeld für Ordnung sorgen. Sogenannte Flugzeugschlepper – heutzutage moderne flache Fahrzeuge, die leicht an Grubenfahrzeuge aus dem Bergbau erinnern – rangieren die Giganten der Lüfte an ihre jeweilige Position. Ein Flugzeug besitzt nun mal keinen Rückwärtsgang, zudem ist das Manövrieren auf engstem Raum mit einem so großen Vogel ein deutliches Sicherheitsrisiko. Keine Frage also, dass hierfür im Laufe der Zeit spezielle Fahrzeuge entwickelt wurden, die diese Aufgabe tadellos meistern. Doch können sie das auch im Maßstab 1:10? Die Anfänge Die Idee zu dem Projekt entstand wie so oft in einer geselligen Runde am Abschluss eines gelungenen Hobbytags. Die ­Flieger auf dem Modellflugplatz standen aufgereiht entlang der Startbahn, die untergehende Sonne sorgte für die nötige Stimmung. Der Sohn eines Kollegen fuhr mit einem ­Tamiya-Unimog auf Basis des CC-01-­Chassis auf dem Rollfeld umher, bis jemand rief: „koppel mal den Flieger an und bring ihn her!“ Spitzen Idee, die allerdings an diesem Abend nicht umzusetzen war. Wir brauchten zwingend einen echten Flugzeugschlepper, das war definitiv klar. Nach einigen Recherchen im Internet fand sich – auf einem Bild aus den 1950er-Jahren – doch tatsächlich ein Mercedes Benz-Unimog samt Schleppstange vor einem Hangar. Alles klar, das Fahrzeug war somit eigentlich schon gekauft. Die Anfänge der Schlepper schienen somit nicht rein futuristisch gestaltet zu sein. Das gefiel, doch die gezeigte Schleppstange war lediglich ein langes Rohr mit zwei Rädern, das manuell an das Bugrad des Fliegers gekoppelt wurde. Für einen echten Funktionsmodellbauer sehr unbefriedigend. So hatte es ja nur bedingt eine „Funktion“. Es musste schon deutlich mehr werden. Rohbau Eine Liste der benötigten Teile war nach kurzer Überlegung zu den technischen Funktionen schnell geschrieben. ­Messing, Räder und Servos – mehr müsste es eigentlich nicht werden. Die Eigenbau-Schleppstange sollte bequem von der Fernsteuerung aus zu dirigieren sein, ohne dass manuell Hand angelegt werden muss. Benötigt würde also ein Wagen mit einer Art Klammer, die das Flugzeug sicher greift. Diese Idee schien sinnvoll. Um Maß zu nehmen, wurden zwei unter­schiedlich große Flugmodelle aus dem Keller geholt. Plötzlich entstand ein un­erwartetes Problem. Bei Fliegern mit einem Bugrad war die angedachte Klammerfunktion die ­perfekte Lösung. Was jedoch machen, wenn ein Modell nur über ein Zweibeinfahrwerk und ein Spornrad am Heck verfügt? Vorne ankoppeln fällt aus - und hinten? Was ist mit hinten? So ein Spornrad ist meist an das Seitenruder gekoppelt und steht zudem Richtung Heck. Beim Einhaken und Ziehen könnte das Servo des Seitenruders beschädigen. Nach kurzer Überlegung war klar, wir brauchen eine Hebefunktion, die das geklammerte Rad samt Flugzeug zum Transport anhebt. Natürlich alles über den Sender steuerbar, man will ja schließlich „Funktion“. Metallarbeiten Diverse Messingprofile waren ausreichend vorhanden. Gekauft werden mussten nur drei Servos für die Steuerung und zwei Räder aus dem Flugmodellbau-Zubehör. Die Kosten waren also entsprechend gering. Anhand einer groben Skizze sollte der Rest des Schleppwagens aus dem Bau heraus entstehen, schließlich gab es die geplante Version real so nicht. So hatte man entsprechend Freiraum für eigene Ideen. Die Basis bildete ein robuster Rahmen aus Messing-Vierkantrohr mit einer Wandstärke von einem Millimeter (mm). Die Verbindung sollte mittels Verlöten hergestellt werden, hierzu eignete sich ein Lötbrenner hervorragend. Damit alles wie gewollt gerade bleibt, fand das Löten auf einer zu 100 Prozent planen Aluminiumplatte statt. Eine gute Wahl, so konnte für das Grundgerüst auf eine dritte Hand verzichtet werden. Als Nächstes stand die komplette Hebe- und Greifeinheit auf dem Zettel. Dieses Element sollte die zwei für das Greifen benötigten Servos beherbergen und natürlich die Halterung für das Rad des Flugzeugs. Eine Rahmenkonstruktion aus 4-mm-Vierkantrohr war ideal dafür, denn die Servokabel konnte so direkt im Rahmen selbst verlegt werden. Aus diesem Gestell kamen dann noch einige Winkelstücke und Halterungen für den Hebemechanismus und die Drehpunkte der Gelenke. Auch die Führungsrohre für den Radschlitten wurden montiert. Der Schlitten selbst gestaltete sich als schwieriges Bauteil. Er musste in alle Richtungen gebogen sein, die Führungsstangen beinhalten und eine Befestigung für die Dämpfung besitzen. Löttechnisch die absolute Katastrophe. Hatte man ein Teil fest, löste sich wieder ein anderes. Mit viel Geduld gelang dieser Bauabschnitt jedoch letztlich auch. Zusätzlich zur Dämpfung kam noch der Öldruckstoßdämpfer eines alten RC-Cars im Maßstab 1:18 zum Einsatz. Somit war dieser Teil komplett fertig. Angekuppelt Um die mobile Flugzeughebebühne auch mit dem Unimog verwenden zu können, musste noch eine amtliche Anhängerkupplung her. Am Fahrzeug wurde eine relativ realitätsnahe Lkw-Kupplung aus Messing gelötet, die mit einem Bolzen von oben gesichert ist. Der Bolzen wiederum fand Halt an einer Kette aus dem Baumarkt. Da der Hänger sehr flach konstruiert ist, galt es nun, die Höhendifferenz zur Kupplung am Auto zu überwinden. Ein mehrfach gebogenes Messingrohr war die einfachste Lösung. Jetzt fehlte hier nur noch eine Art Öse, die in die Fahrzeugkupplung passte. Diese wurde mit dem diversen Schleifausätzen für den Dremel aus dem Vollen modelliert und dann im Rohr verlötet. Fertig, das komplette Grundgerüst stand. Es folgte der nervige Teil dieses Projekts. Schleifen, schleifen, schleifen – es sollte ja auch schick aussehen. Als dies nach einigen Stunden erledigt war, konnte endlich alles probehalber montiert werden. Das Ergebnis ließ sich sehen. Noch ein paar Anpassungsänderungen an den Gestängen für den Hebelarm und die Sache war perfekt. Alle Teile passten und rein mechanisch funktionierte die Technik wie geplant. Finish Nach einer kompletten Demontage und einer gründlichen Reinigung mit Spiritus konnte dann endlich lackiert werden. Grundfarbe wurde ein mattes Grau, dazu sollten diverse Details mit Schwarz und Gelb abgesetzt werden. Mehrere Schichten Kfz-Grundierung sicherten eine gute Basis und das gewünschte helle aber matte Grau war somit inklusive. Alle beweglichen Teile, die real im Aktionsradius eines Flughafenarbeiters wären, sollten eine schwarz-gelbe Lackierung bekommen. Auch die gefederte Radpfanne hatte diese Farbe schon rein wegen der Optik verdient. Mit Tamiya-Klebeband gelang das saubere Abkleben ohne Probleme. Die Lackorgie sollte jedoch noch lange nicht vorbei sein. Der bereits fertig gebaute Unimog benötigte ja auch noch seine gewünschte Farbgebung. Dumme Idee, denn als typisches Flughafen-Fahrzeug musste zwingend ein schwarz-gelbes Karomuster her. Das bedeutete viel anstrengende Abklebearbeit. Im Nachhinein allerdings eine sehr gute Wahl, denn so passt das Gesamtbild perfekt. Hebebühne Nachdem der Schlitten komplett montiert war, wurden die drei Servokabel auf einen Multiplexstecker umgelötet. Vorteil des Ganzen – man hat so auf einem Stecker insgesamt sechs Kontakte. Zwei gingen für Plus und Minus drauf, drei sind für die Steuerkanäle reserviert. Perfekt, jetzt noch mit Heißkleber isolieren und einen breiten, abgeschrägten Stecker formen, das kann alles angeschlossen werden. Die Kabel wurden mit einer Kabelspirale gebündelt, natürlich in schwarz, damit es zum Gesamteindruck passt. Nun galt es nur noch, den Sender zu programmieren. Die Hebefunktion kam auf einen Kippschalter, die beiden Servos für die Klammer mussten synchron über einen Kanalmischer laufen. Als Sender kam eine Sanwa SD-10G zum Einsatz. Nicht unbedingt der am meisten verbreitete Sender im Funktionsmodellbau, hat aber dafür schon den vollen Ausbau zu einer Zehnkanal-Fernsteuerung und die Programmierung ist nicht sehr schwer. Da dies normalerweise eine Fernsteuerung für den Flugmodellbau ist, verfügt das Menü über eine Delay-Funktion. Genau das, was wir brauchten. Mit dieser Einstellung lässt sich ein gewählter Schaltkanal im Zeitlupenmodus steuern. Synchronisiert man nun beide Servos der Klammer, mischt den Kanal und wählt diesen Modus aus, ist Öffnen und Schließen wie im Betrieb mit einem Hydraulikzylinder möglich. Die gleiche Funktion kam nun auch auf das Servo für die Hebevorrichtung. Es konnte also endlich mit dem fertigen Modell auf den Flugplatz gehen. Startfreigabe Die Erwartungen an den Flugzeugschlepper waren groß. Würde sich das Ergebnis der langen Bastelabende in der Praxis als tauglich erweisen? Erste Schwierigkeiten ergaben sich gleich zu Beginn. Die standardmäßige Motorisierung des Tamiya-Unimog ist recht gewöhnungsbedürftig, wenn es um feinfühliges Anfahren geht. Für das geplante Vorhaben viel zu kräftig und zu ruppig. Fürs Erste musste das aber genügen. Ein LRP-Truckpuller samt passendem Regler sollte später für eine Verbesserung sorgen. Nach ein paar Minuten Trockenübungen auf der kurz gemähten Landebahn und dem Zurücktrimmen der Motorleistung über den Sender, schien es dann doch ganz gut kontrollierbar zu sein. Der erste Versuch konnte starten. Langsam wurde der Schleppwagen Richtung parkendem Flugzeug manövriert. Gar nicht so leicht, denn trotz geöffneter Klammer ist die Einfahrtschneise nur etwa 1,5 Zentimeter breiter als das angepeilte Burgrad des Fliegers. Nach ein paar Anläufen klappte das genau mittig. Das erfreute ungemein, denn dies war die schwierigste Hürde des Praxistests. Per Hebel an der Fernsteuerung wurde nun die Klammer geschlossen. Perfekt – durch die eingestellte Zeitverzögerung sah es sehr authentisch aus. Nun saß das Flugzeug fest im Sattel. Um es von A nach B zu transportieren, musste jetzt nur noch die Hebefunktion einwandfrei ihren Dienst absolvieren. Ebenfalls mittels Schaltkanal realisiert, war auch hier nur das Umlegen eines Kippschalters nötig und es funktionierte auf Anhieb einwandfrei. Ein voller Erfolg auf ganzer Linie. Angekoppelt, angehoben und ab ging die Fahrt zur Startposition am Anfang des Rollfelds. Egal, ob Kurvenfahrt oder etwas holperiger Untergrund – das Flugzeug war absolut fest und sicher auf dem Schleppwagen verankert. Nun wurde es jedoch noch einmal schwierig. Gerade Ausrichten und sauber absetzen, das müsste ja aber eigentlich kein Problem sein. War es auch nicht. In Zeitlupe senkte sich die Maschine ab, die Klammer öffnete sich und der Unimog fuhr langsam davon. Ein beeindruckendes Schauspiel, das sehr originalgetreu wirkte und alle Zuschauer begeisterte. Weitere Versuche bestätigten dann, dass Idee, Konstruktion und Bau perfekt umgesetzt waren. Der Flugzeugschlepper im Eigenbau war ein voller Erfolg.