Stretch-Limo: Ein Globeliner in Extra-Large

Vor einiger Zeit stieß ich beim Stöbern im Internet auf die Seite www.elizabethtruckcenter.com. Ein Eldorado für alle, die Spaß an gepimpten US-Trucks haben. Merkwürdigerweise findet man dort fast nur veredelte Conventional Trucks. Sogenannte C.O.E.-Fahrzeuge (cabin over engine) sucht man fast vergebens. Dieser Missstand brachte mich auf eine Idee und den Globeliner von Dickie-Tamiya ins Spiel. Beim Öffnen des Globeliner-Kartons kam bei mir direkt ein bisschen Nostalgie auf. Man konnte gut sehen, wie sich im Lauf der Jahre die Verpackung verändert hat. Die vielen Plastikbeutel mit den Spritzlingen kennt man ja zu Genüge. Hier waren noch einige Metallteile vom Getriebe und die Auspuffblenden separat unter einer festen, transparenten Folie auf Pappe eingeschweißt. Lauter Dinge, die heutzutage lose in einem Plastikbeutel liegen. Verlängert Mein erster Gedanke war, den Globeliner so umzubauen, dass er nicht mehr wie von der Stange aussieht. Dabei wollte ich das Fahrerhaus in seiner Grundform aber nicht verändern, also kein aerodynamisches Hochdach oder verlängertes „Wohnmobil Fahrerhaus“. Auch die richtige Farbwahl schien mir für einen C.O.E.-Truck wichtig zu sein. Eher klassisch elegant denn schrill und auffällig. Des Weiteren sollte das Fahrgestell verlängert werden. Dafür kam der Rahmen eines Tamiya-Zweiachsers zum Einsatz. Nach dem Ausmessen des Globeliner-Rahmens entschied ich mich für eine Verlängerung von stattlichen 130 Millimetern (mm). Mit der Handbügelsäge fertigte ich daher aus dem zweiten Rahmen zwei 130 mm lange Abschnitte. Vom ortsansässigen Metallbauer ließ ich mir auf der Kantbank zwei Alu-Stücke herstellen, die in die Tamiya-Rahmen passten. Jetzt galt es, den Globeliner-Rahmen an der richtigen Stelle zu trennen. Die Bohrungen für die Vorderachse waren ebenso vorhanden wie die für Hinterachse und Kotflügelhalterung. Das wollte ich natürlich erhalten. Ich entschied mich für eine Trennung 35 mm vor dem ersten Kotflügel der Hinterachse. So konnte ich die Bohrungen für die komplette Hinterachse wieder übernehmen. Die Länge der Zuschnitte vom Metallbauer – 190 mm – waren so gewählt, dass beide Alu-Stücke jeweils 30 mm über den Rahmenzuschnitt herausstanden. Diesen Überstand wollte ich nehmen, um die abgelängten Rahmenteile mit 3-mm-Schrauben zu verbinden. Zuvor wurde noch ein Gewinde in das Alu gebohrt. Die anderen Rahmenteile für Hinter- und Vorderachse habe ich auf die gleiche Weise mit 3-mm-Schrauben verbunden. Mit den Rahmenverbindern, dem Getriebe und den Aufhängepunkten der Achsen hatte ich jetzt eine stabile Rahmenverlängerung. Nach der Montage des Dreigang-Getriebes fiel mir auf, dass es wie bei den europäischen Tamiya-Fahrerhäusern nach hinten herausschaute. Nach kurzer Vorbildrecherche beschloss ich, das Getriebe zu kürzen. Der dritte Gang war mir persönlich schon immer zu schnell – selbst mit langsam drehenden Motoren wie dem hier eingebauten Truck Puller. Nach mehrmaligem Zusammenstecken des Getriebes habe ich schließlich einen Weg gefunden, den dritten Gang zu entfernen. Als Erstes musste von den beiden Getriebewellen die hintere Verzahnung abgedreht werden, sodass die Gleitkugellager darüber passten. Nach erneutem Zusammenstecken des Getriebes mit nur zwei Gängen schaute die ganze Sache schon mal sehr gut aus. Jetzt war auch klar, wie lang die vier Alurohre werden mussten, um das Getriebe wieder zusammenzuschrauben. Nach dem Ablängen Rohre habe ich auch in diese wieder ein 3-mm-Gewinde geschnitten. Nach einem letzten Verschrauben und Zusammensetzen kam der erste Funktionstest mit Motor. Alles drehte sich wie gewünscht ohne zu haken. Schalten von Hand war auch kein Problem. Nun musste ich nur noch die Gehäusehälften kürzen und fertig war das Zweigang-Getriebe. Der Einsatz der Drehmaschine war eigentlich nicht nötig. Die beiden Stücke wurden nach dem Funktionstest einfach abgeschnitten. Die Gehäusehälften habe ich so geteilt, dass alle vier Aufhängepunkte erhalten blieben. Die vorderen, in Fahrtrichtung ausgerichteten wurden wieder mit den original Löchern verschraubt, für die hinteren habe ich neue 3-mm-Gewinde in den Rahmen geschnitten. Durchgesägt Der nächste Schritt war die Kardanwelle. Ich überlegte mir, ob ich den Carson-Kardanwellenbausatz nehmen sollte oder vielleicht selbst eine neue Kardanwelle bauen könnte. Die Entscheidung fiel für den Eigenbau; bei Problemen stand ja immer noch der Carson-Bausatz zur Verfügung. Die Tamiya-Kardanwelle sägte ich daraufhin mittig durch und entgratete die Kanten des Sägeschnitts mit der Schlüsselfeile. Die beiden Hälften passten genau in ein Alurohr mit 5 Millimeter Innendurchmesser. Nach dem Ausmessen des Alurohres erfolgte das Anrauen der Innenflächen an den Enden der Rohre mit einer runden Schlüsselfeile. Die Farbe der zwei Kardanwellenstücke habe ich mit Schmirgelleinen abgeschliffen und angeraut. Die Kardenwelleneinzelteile können mit UHU Endfest zusammengeklebt werden. Nach der nun erfolgreichen Verlängerung sollte der Truck noch mit einigen Anbauten vervollständigt werden. Zuerst war geplant, die Anschalt- und Einstellmöglichkeit der MFC 01 in den Tank mit einzubauen. Die original Tanks sind dafür leider zu kurz. Der Rundtank, der bei der MFC 01 beiliegt, hat eine Flachstelle für den Unterflur-Akku-Einbau, die optisch aber zu lang erschien. Aus dem gleichen Grund habe ich auch auf den Batteriekasten des Serien-Globeliners verzichtet. Weniger ist ja bekanntlich oft mehr. Rohr frei Das Fahrerhaus wollte ich schlicht weiß lackieren. Die vielen Chrom-Anbauten sollten in Schwarz gestaltet werden. Das stellte mich vor ein neues Problem. Erfahrungsgemäß hält neue Farbe schlecht auf Chromteilen. Mit Stahlwolle oder Schleifpapier das Chrom abzuschleifen, bedeutet allerdings reichlich Arbeit. Im Modelltruckforum stieß ich auf einen Tipp, wie es auch einfacher geht: Drano Power Gel, ein Abflussreiniger. Nach einigen Stunden in diesem Gel waren fast alle Chromspuren beseitigt. Die wenigen hartnäckigen Stellen konnten mit Schmirgelleinen schnell entfernt werden. Die beiden einfach gehaltenen Auspuffrohre passten auch nicht so richtig zu meiner Vorstellung vom künftigen Erscheinungsbild des Globeliners. Hoch und dick, 15 bis 16 mm im Außendurchmesser sollten die neuen Highpipes sein. Hier war der 90-Grad-Bogen das Problem. Der sogenannte Zeta-Beiwinkel war kleinzuhalten. Somit fiel schon mal der 90-Grad-Kupferbogen aus dem Installationsbereich raus. Fündig wurde ich in einem bekannten Online-Auktionshaus. Ein 16-mm-Kunststoffrohr mit passendem 90-Grad-Bogen und kleinem Zeta-Beiwinkel. Bogen und Rohr konnten dann mit Uhu Endfest zusammengeklebt werden. Die originalen Auspuffrohre waren so angebracht, dass man sie unter dem Fahrerhaus von der Seite nicht sehen konnte. Die neuen, viel dickeren Rohre sollten ebenfalls nicht zu sehen sein. Durch Vergrößern der vorgegebenen Löcher in der Fahrerhaus Rückwand auf 16 mm verliefen die Rohre nun unterhalb des Fahrerhauses ins Nichts. Nach dem Schneiden eines 3-Millimeter-Gewindes in das nach oben stehende Kunststoffrohr konnte von innen die Befestigung der Highpipes am Fahrerhaus folgen. Zwei Luftfilter vom Tamiya King Hauler montierte ich zusätzlich an der Fahrerhausrückwand. Festgehalten werden sie mit 3-mm-Schrauben von der inneren Rückwandseite. Ein 8-mm-Loch für das Luftfilteransaugrohr sorgt dafür, dass sich der Luftfilter nicht verdrehen kann. Abgerundet Alte US-Trucks sind sehr oft mit Trilex- oder Disk-Felgen ausgestattet. An dieser Stelle bin ich dann erneut bei besagtem Auktionshaus fündig geworden. Jemand hatte sich die Arbeit gemacht und Disk-Felgen selbst hergestellt. Die vorderen Felgen sind aus einem Gussteil hergestellt. Bis auf die Felgenlöcher sind sie eigentlich identisch mit den original Tamiya-Felgen. Hier mussten lediglich die Kugellager eingesetzt und die Reifen aufgezogen werden. An der Hinterachse habe ich nur Disk-Scheiben in die vorhandenen Felgen eingedrückt. Die erfahrenen Tamiya-Modellbauer kennen das Phänomen. Neun Felgenschrauben und Felgenlöcher, ursprünglich sind es zehn Schrauben und Löcher. Damit durch die beiden gegenüberliegenden Löcher der Disk-Scheiben nicht die Tamiya-Felgen durchschimmern, habe ich ein neues Loch in die Tamiya-Felgen gebohrt, sodass anschließend nichts mehr durchschimmern konnte. Die Disk-Scheiben werden durch die Felgenschrauben festgehalten. Das lange Fahrgestell sollte auch ein Kleid bekommen. Durch einen befreundeten Dachdecker war es möglich, eine Chassis-Abdeckung mit offenem Ende zu erhalten. Dies war notwendig, da noch nicht klar war, wie lang der Überhang werden sollte. Das Blech wurde so breit gekantet, dass die Abdeckung die seitlichen Rahmenschrauben abdeckte. Das Heck kantete ich später frei Hand. Im Heck sollten runde Rücklichter eingesetzt werden. Dafür kann man Schneidringe und eine Mon Cheri-Verpackung verwenden. Schneidringe werden zum Beispiel in Druckluftbremsleitungen der 1:1-Vorbilder eingesetzt. Nach dem Einpassen der Schneidringe in das Heck der Abdeckung schnitt ich mit einer Schere ein Stück Plastik aus der roten Mon Cheri-Packung und bearbeitete es so lange mit der Schlüsselfeile, bis das Plastik-Teil rund war und in den Schneidring passte. Fertig waren die Rückleuchten. Eingeschaltet Die Multifunktionseinheit MFC 01 ist für US-Trucks mit großen Fahrerhäusern ausgelegt. In meiner Globeliner-Kabine wurde es nun sehr schnell sehr eng. Das lag daran, dass die Steuereinheit zum Einschalten der MFC 01 auch im Fahrerhaus untergebracht werden musste. Wie schon erwähnt, sind die kleinen Tanks für diesen Teil der MFC 01 nicht ausgelegt. Zudem musste auch der Fahr-Akku seinen Platz im Fahrerhaus finden, was nach einer optischen Einschätzung unter dem Rahmen nicht zu bewerkstelligen war. Die Sitze und das Armaturenbrett des Fahrerhauses sollten natürlich weiterhin zu sehen bleiben. Also fixierte ich Hauptplatine der MFC 01 mit einem Metallwinkel in der Mitte des Fahrerhauses. An diesen Metallwinkel baute ich die einzelnen Komponenten der Multi-Function-Control an. Umständlich ist es, wenn man den Lkw vom Akku trennen möchte, da man nun jedes Mal die Rückwand des Fahrerhauses herausnehmen muss. Auf einige LED der MFC 01 habe ich bewusst verzichtet, da sie nicht ins Gesamtbild passten. Vorne fehlen die Nebelscheinwerfer. Von den im Bauplan vorgesehenen fünf Positionslampen für das Fahrerhaus wurden nur die beiden äußeren eingesetzt. Die restlichen Löcher wurden zugespachtelt. Das Rückfahrlicht hat später seinen Platz zwischen den Rücklichtern bekommen. Tamiyas Kreuzschrauben passen optisch nicht in den sichtbaren Bereich des Fahrer­hauses. Mit einem Handsenker habe ich den Kunststoff leicht angesenkt und anstelle der Kreuz- passende Inbuss-Senkschrauben eingesetzt. Das Gleiche erfolgte in der Frontstoßstange, am Sattelplattenhalter und an den Einstiegen. Die sichtbaren Schraubenköpfe habe ich mit dem Pinsel nachträglich in Wagenfarbe überdeckt. Unter dem Strich bleibt festzuhalten, dass einmal mehr mit vergleichsweise geringem Aufwand ein Modell-Unikat entstanden ist, das nicht nur seinen Erbauer sondern auch die Zuschauer immer wieder aufs Neue erfreut.